Phagenforschung für Schüler:innen
Nora Artico berichtet über die Basel Summer Science Academy und ihre preisgekrönte Maturaarbeit über Phagen
Zu Beginn der Academy war mir der Begriff Bakteriophagen fremd. Daran änderte sich zunächst auch nichts, denn die aus dem Rhein gefischten Phagen erschienen auf der Agarplatte lediglich als trübe Flecken. Das änderte sich, als wir unsere selbst isolierten Phagen unter dem Elektronenmikroskop betrachten durften. Anschliessend haben wir ihre Eigenschaften im Hinblick auf verschiedene bakterielle Abwehrmechanismen getestet. Dadurch verstand ich einige Hintergründe und erkannte die Tiefgründigkeit des Themas.
winzige viren mit grosser wirkung
Ich sah die Phagen nicht mehr nur als unscheinbare Punkte auf meiner Agarplatte, sondern als faszinierende, dreidimensionale Strukturen – hexagonal geformte Köpfe mit einer charakteristischen Schwanzstruktur. Winzige Viruspartikel, die etwas bewirken können.
Nach der Teilnahme an der Academy beschloss ich, mich intensiver mit Bakteriophagen zu beschäftigen. Ich vertiefte mein Wissen durch wissenschaftliche Artikel und las das Buch «Phagentherapie» von Dr. Thomas Häusler und Prof. Dr. med. Christian Kühn. Die Erfahrungsberichte betroffener Patient:innen, welche unwirksame Antibiotikatherapien erleben mussten, lösten in mir ein Gefühl der Hilflosigkeit und Beklemmung aus. Mir wurde vor Augen geführt, wie schlecht wir als Gesellschaft auf die Anpassungsfähigkeit der Bakterien vorbereitet sind: Ein heute entwickeltes Antibiotikum kann bereits morgen wirkungslos sein, da es den Bakterien gelungen ist, Resistenzen zu entwickeln.
Gleichzeitig erkannte ich das enorme Potenzial Phagen. Sie könnten unsere Trumpfkarte im Kampf gegen antibiotikaresistente Bakterien werden. Im Gegensatz zu Antibiotika verfügen sie über die Fähigkeit, sich ihrem Wirt (dem Bakterium) fortlaufend anzupassen, wodurch sie in der Lage sind, resistente Bakterien zu infizieren und abzutöten.
zehn phagen neu entdeckt
Fasziniert von diesem Potenzial beschloss ich, meine Maturaarbeit dem Thema «Bakteriophagen und ihrer Wirkung auf resistente Bakterien» zu widmen. Ich fokussierte mich auf den sogenannten Biofilm – eine schützende Hülle, die von Bakterien gebildet wird, um sich vor Umweltstress und Antibiotika zu schützen. Mit der Unterstützung von Prof. Dr. Alexander Harms und Dr. Enea Maffei gelang es mir, zehn bislang unbekannte Phagen zu entdecken, die Biofilme angreifen können. Diesen Phagen durfte ich dann sogar ihre Namen geben.
Mit meiner Maturaarbeit nahm ich bei Schweizer Jugend forscht (SJF) teil und erhielt die Ehre, die Schweiz bei den Europameisterschaften für junge Wissenschaftler (EUCYS) in Polen zu vertreten.
Ich wünsche mir, dass das Potenzial der Phagentherapie – die Leben retten kann, wenn Antibiotika versagen – nicht nur besser erkannt und genutzt, sondern auch in der Schweiz und weltweit gezielt unterstützt und gefördert wird.
Nora Artico hat mit ihrer Maturaarbeit den ersten Preis bei Schweizer Jugend forscht gewonnen. Die Schweizer Illustrierte hat über ihre tolle Arbeit berichtet.
Die Basel Summer Science Academy wird seit 2019 durchgeführt. 2019 und 2022 wurde sie von Alexander Harms, Co-Leiter des Forums Phagentherapie, und seinem Team organisiert. Elemente aus der Science Academy werden im Workshop für Schulen aufgenommen, der vom Forum Phagentherapie angeboten wird.

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